Rise & shine

Image ist Macht. Die Trennlinie zwischen Mann und König ist dünn und aus tiefrotem Samt, parfümierten Perücken und orientalischen Stoffen gemacht. In den Königsgemächern, den exklusivsten Zimmern ganz Englands, wurde Morgen für Morgen der Mann Charles in den König von England verwandelt. Doch wie genau sahen diese Gemächer und Vorgänge aus? Und welche Garderobe war damals gängig für König und Hof?

 

 

Privileg der Adeligen: Der Schlaf im Alkoven

Entwurfszeichnung eines mit Palmen geschmückten Alkoven für Charles II im Greenwich Palace.
John Webb, Entwurf für den Alkoven im Schlafzimmer Charlesʼ II in Greenwich Palace, 1665 (Kat. Nr. 2.1)

Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Alkoven“? Zur Zeit von Charles II war es für höhergestellte Adelige üblich, in prachtvoll geschmückten Alkoven zu schlafen. Dabei handelt es sich um einen fensterlosen Raum, der mit dem Vorraum durch eine große Wandöffnung verbunden ist und in dem ein Bett steht.

Ein Alkoven ist somit ein separierter Schlafraum, der vom eigentlichen Schlafzimmer abgesondert ist. Diese Raumanordnung hatte Charles II während seines Exils in Frankreich kennengelernt. Gleich nach seiner Rückkehr nach London ließ er bei einem Umbau des Whitehall Palace in den Jahren 1660/61 einen Alkoven in sein Schlafzimmer einbauen. Allerdings haben sich von diesem keine Ansichten erhalten.

Einen Eindruck vom Aussehen eines königlichen Alkovens vermittelt eine Zeichnung von John Webb aus dem Jahr 1665. Der Architekt gestaltete diesen Entwurf für den königlichen Palast in Greenwich. Der Eingang in den Alkoven sollte dramatisch inszeniert werden und ist hier von zwei geschnitzten Palmen flankiert. Dokumente verraten, dass der Alkoven in Whitehall Palace hingegen mit geschnitzten Engeln, Adlern und Vorhängen geschmückt war. Bei einem Brand im Jahr 1698 ging diese aufwendige Raumausstattung zugrunde, während der Entwurf für Greenwich aus Geldmangel nie realisiert wurde.

H. Bi.

 

The Kingʼs Bedchamber: Mehr als nur ein Schlafzimmer?

Aufnahme der Schlafzimmerausstattung von König James II.
Das Bett des Königs James II mit passendem Mobiliar, 1688 (Kat. Nr. 2.2)

Die Fotografie zeigt die Schlafzimmerausstattung von König James II. So könnte das Prunkschlafzimmer von Charlesʼ Bruder in Whitehall Palace ausgesehen haben. Die Möbel befinden sich heute allerdings nicht mehr an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort in London, sondern sind in Knole House in der Grafschaft Kent ausgestellt. Sie zeichnen sich besonders durch die golddurchwirkten Stoffe, Stickereien und Tapisserien aus.

Charles II führte die sogenannten Bedchamber Ceremonies ein – eine Gepflogenheit, die (wie der Alkoven) vom französischen Hof Ludwigs XIV. stammte. Hierbei handelte es sich um ein morgendliches Zeremoniell im Schlafzimmer des Königs, das Lever („Aufstehen“), und ein abendliches, das Coucher („Zubettgehen“). Etwa um acht Uhr am Morgen wurde der Monarch von seinen Bediensteten geweckt und angekleidet, wobei er verschiedene Besucher empfing, um mit ihnen über politische sowie private Themen zu sprechen. Das Coucher fand um 23 Uhr statt. Hierbei wurde der König entkleidet.

Das Schlafzimmer stand jedoch nicht nur den Höflingen, sondern auch den königlichen Haustieren offen. Der Monarch besaß die nach ihm benannten King Charles Cocker Spaniel und davon nicht gerade wenige. Die Hunde waren aus dem Schlafzimmer des Königs nicht wegzudenken, denn sie durften dort nächtigen. Ein Mann namens James Jack soll die Aufgabe gehabt haben, darauf Acht zu geben, dass die Hunde nicht auf Charlesʼ Bett springen und seine Nachtruhe stören.

“On the King’s death in 1685, John Evelyn wrote in his diary how Charles had enjoyed ‘having a number of little spaniels follow him and lie in the bedchamber, where he often suffered the bitches to puppy and give suck, which rendered it very offensive, and indeed made the whole court nasty and stinky’”
(John Evelyn, Tagebuch, 6. Februar 1685)

H. Bi.

Absolutistische Ideologie im Schlafzimmer des Königs

Ovales Deckenbild dominiert von einem Engel, der Göttin der Gerechtigkeit und einem Porträt Charles II.
John Michael Wright, Astraea kehrt zur Erde zurück, 1661. Deckenbild für das Paradeschlafzimmer Charlesʼ II (heute Nottingham City Museums & Galleries) (Kat. Nr. 2.3)

In den Jahren 1660 und 1661 ließ Charles II seine Londoner Residenz Whitehall Palace umbauen. Ein wesentlicher Bestandteil der Erneuerung war der Bau eines sogenannten Alkovens, in dem der König schlafen konnte. Außerdem kaufte Charles II neues Mobiliar für sein Prunkschlafzimmer und beauftragte den Maler John Michael Wright mit einem programmatischen Deckenbild.

Die untere Bildhälfte des Ovals wird von einem Engel dominiert, welcher auf einem Spruchband die Botschaft „TERRAS ASTRAEA REVISIT“ (dt. „Astraea ist auf die Erde zurückgekommen“) verkündet. Astraea, ein Sinnbild der Gerechtigkeit, thront in der oberen Bildhälfte in einem wallenden, weißen Kleid. Ihr Kopf ist von einer Strahlenglorie hinterfangen. Sie verweist auf ein Porträt von Charles II, welches von drei kleinen Putten gehalten wird. Ein weiterer Putto präsentiert eine Waagschale als Zeichen der Gerechtigkeit.

Neben dem Porträt gibt es noch weitere Bildelemente, die auf den englischen Monarchen anspielen. Dazu gehören der Stern am oberen linken Bildrand und der Eichbaum im unteren Bilddrittel. Der Stern stand während Charlesʼ Geburt tagsüber am Himmel und wurde (ähnlich wie der Stern von Bethlehem) als Zeichen für den besonderen Rang des Neugeborenen gedeutet. Der Baum erinnert hingegen an die legendäre Rettung des Königs durch die königliche Eiche.

Der Kerngedanke des Gemäldes geht auf den antiken Mythos der vier Zeitalter zurück, der u. a. im ersten Buch von Ovids Metamorphosen überliefert ist. Hiernach gibt es vier Weltzeitalter, in denen der Zustand der Erde vom ersten, Goldenen Zeitalter bis zum vierten, Eisernen Zeitalter immer schlechter wird. Daraufhin lässt Astraea die Welt im Chaos zurück. Nach Vergils Eclogae leitet die Rückkehr der Astraea ein neues Goldenes Zeitalter ein, in welchem die Menschen in Frieden und Glück leben können. Das Gemälde von Wright ist somit so zu deuten, dass durch die Rückkehr von Charles II nach England ein neues Goldenes Zeitalter für das Land anbricht.

H. Bi.

 

„Kleider machen Leute!“

Karikatur Louis XIV, in der durch drei Figuren gezeigt wird, dass sich ein König durch seine Kleider auszeichnet.
William M. Thackeray, Karikatur nach Hyacinthe Rigauds Porträt von Ludwig XIV., 1840
(Kat. Nr. 2.4)

Die Karikatur macht sich mit scharfem Witz über den französischen „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. lustig. Der Zeichner nimmt Bezug auf das berühmte Porträt, das Hyacinthe Rigaud im Jahr 1701 von Ludwig XIV. malte. Dieses wird auf der rechten Seite des Blattes zitiert. Thackeray zerlegt den Monarchen aber gewissermaßen in seine Einzelteile. So sieht man in der Mitte einen glatzköpfigen Mann und auf der linken Seite eine Gliederpuppe, bekleidet mit den Herrschaftsinsignien. Führt man beide Teile zusammen, findet man sich auf der rechten Bildseite wieder und erkennt dort den vollständigen Monarchen, der nur durch seine pompöse Kleidung und die hoch aufgetürmte Perücke über die gewöhnlichen Sterblichen hinausragt.

In der Frühen Neuzeit ging man davon aus, dass ein König gewissermaßen zwei Körper besitzt, einen natürlichen (sterblichen) und einen politischen (unsterblichen). Der glatzköpfige Mensch in der Mitte des Bildes stellt den Monarchen als body natural dar. Durch die Insignien des Amtes auf der linken Seite, welche dem König Würde verleihen, wird Ludwig XIV. rechts als body politic gezeigt. Durch die Karikatur sorgt Thackeray jedoch für eine Entzauberung des Monarchen.

Die allmorgendliche Zeremonie des Lever, die sowohl von Ludwig XIV. als auch von Charles II gepflegt wurde, ließ die Höflinge am Spektakel der königlichen Bekleidung teilhaben. Vor ihren Augen verwandelte sich ein gewöhnlicher Mensch durch prunkvolle Gewänder und Herrschaftsinsignien in einen absolutistischen Herrscher – ganz nach dem Motto „Kleider machen Leute“.

H. Bi.

 

Des Königs edle Garderobe

Charles II in den den traditionellen Gewändern des Hosenbandordens.
Simon Verelst, Charles II, ca. 1677–1678 (Kat. Nr. 2.5)

Auf diesem prächtigen Gemälde des niederländischen Künstlers Simon Verelst ist König Charles II in den Gewändern des Hosenbandordens zu sehen. Er trägt die Ordenskette, an der der “Great George” hängt – eine Darstellung des Ordensheiligen Georg, der über einen Drachen siegt. Unter dem linken Knie des Königs ist das blaue Hosenband zu sehen, das auf den Namen des Ordens anspielt.

Da der Hosenbandorden immer unter dem Vorsitz des jeweiligen Monarchen stand, konnte er in der Zeit des Interregnum (nach der Enthauptung von Charles I) nicht in England aktiv sein. Charles II ernannte aber in seinem Exil weiterhin Ordensritter und belebte gleich nach seiner Rückkehr nach England das Ordensleben neu. Er knüpfte somit an die lange und vornehme Tradition seiner Vorgänger an. Daher war es ihm wichtig, sich öffentlich und auch auf Porträts im Ordenshabit zu zeigen. Obwohl Charles die Gewänder des Ordens nur zu spezifischen Anlässen trug, zeigte er seine Loyalität durchaus auch in seiner Alltagsgarderobe: So konnte eine Stickerei des Ordensabzeichens auf den Ärmeln vieler seiner Mäntel gefunden werden.

– M. We.

 

Ehre, Pflicht, Mode: Der Hosenbandorden

Die IllustraNon von Peter Lely zeigt zwei RiKer des Hosenbandordens.
Peter Lely, Zwei Herolde des Hosenbandordens, Mitte der 1660er Jahre (Kat. Nr. 2.6)

Der Hosenbandorden ist der ranghöchste englische Ritterorden und wurde von König Edward III im Jahr 1348 gegründet. Der Orden besteht aus 24 Mitgliedern inklusive des Staatsoberhauptes. Ursprünglich war es nur Männern von adeligem Rang gestattet, dem Orden beizutreten, aber heute ist eine Erhebung in den Orden nicht mehr durch Geschlecht und Herkunft eingeschränkt.

Die Zeichnung von Peter Lely zeigt zwei Herolde des Ordens, vermutlich Henry St. George, Herold von Richmond, und Thomas Lee, Herold von Chester. Herolde fungierten im Mittelalter als Organisatoren von Turnieren, Diplomaten und Überbringer von Kriegserklärungen, hatten aber in der Frühen Neuzeit vorwiegend repräsentative Aufgaben.

Peter Lely, den Charles II bereits 1660 zu seinem „principal painter“ ernannte, dokumentierte in einer ganzen Reihe von Zeichnungen die Kleidung verschiedener Würdenträger des Ordens. Die Herolde trugen schwarze Kniebundhosen und Wappenröcke in Rot und Blau. Letztere waren mit goldenen Stickereien von Löwen, Harfen und Einhörnern geschmückt, den heraldischen Zeichen der Königreiche England, Irland und Schottland. Die Lilien verwiesen darauf, dass England damals noch einen Anspruch auf das Königreich Frankreich erhob.

– M. We.

 

Ein Blick in den Kleiderschrank der englischen Lords

Hochzeitsanzug aus dem Jahr 1662 als typisches Beispiel für die Hofmode zur Zeit von Charles II.
Wams und Petticoat-Reithosen, 1662 (Kat. Nr. 2.7)

Dieses Outfit ist ein gutes Beispiel dafür, wie die feine Garderobe eines Adligen am Hofe Charlesʼ II ausgesehen haben mag. Tatsächlich handelt es sich hierbei um den Hochzeitsanzug von Edmund Verney, der im Juli 1662 Mary Abell in Westminster Abbey heiratete. Der Bräutigam gehörte der Adelsfamilie Verney an, deren prominentestes Mitglied Sir Edmund Verney von König Charles I zum „Knight Marshal of England“ auf Lebenszeit erhoben worden war.

Die extravagante Hofmode wurde in den 1660er Jahren stark von Frankreich und den Niederlanden beeinflusst, zu erkennen in der Mischung aus weitem Rock und Kniehose. Weiterhin zeichnet sich das Kleidungsstück durch sechs verschiedene Arten von Bändern und Borten in den Farben lila, lachsfarben, silbern und elfenbeinweiß aus. Die Bänder hatten insgesamt eine Länge von 144 Metern.

Der unter Charles II beliebte Kleidungsstil ist in der Männermode vor allem durch lange, vertikale Linien, niedrige Taille und Betonung der Schultern gekennzeichnet. Weitere sehr populäre Elemente, die aus der französischen Mode übernommen wurden, waren Dekorationen in Form von Schleifen, vor allem an der Hüfte, sowie doppelte Armstulpen. Ersteres kann exemplarisch an diesem Outfit beobachtet werden.

“A courtier put both his legs through one of his Knees of his breeches, and went so all day.”
(Samuel Pepys, Tagebuch, 6. April 1661)

– M. We.

 

Und was trug damals die Dame von Welt?

Das Silver Tissue Dress mit feinem Seidenstoff und Silberfasern.
Silberdurchwirktes Kleid, ca. 1660 (Kat. Nr. 2.8)

Dieses Damengewand ist wohl eines der am besten erhaltenen Kleidungsstücke aus der Zeit Charlesʼ II. Wegen des feinen Seidenstoffes mit Silberfasern ist es auch als Silver Tissue Dress bekannt. Ursprünglich soll das Kleid Lady Theophilia Harris gehört haben, der Tochter eines erfolgreichen Rechtsanwalts, die mit Sir Arthur Harris, 1st Baronet of Hayne, verheiratet war.

Das Kleid zeichnet sich aus durch das enganliegende Mieder, den niedrigen Ausschnitt, ellbogenlange, weite Ärmel und einen langen Rock. Damit ist es ein Paradebeispiel für die Damenmode unter Charles II. Vor allem die Form des niedrigen Ausschnitts war stark von französischer Mode beeinflusst.

Extrem beliebt war damals die Verwendung von metallischen, insbesondere silbernen Fasern zur Dekoration von Ärmeln, Ausschnitt, Mieder und Rock. Solche Garne kamen auch gerne an Accessoires wie Schuhen oder Handschuhen zum Einsatz. Da der Modetrend zu opulenter Pracht ging, wurden schimmernde und schwere Stoffe wie Satin und Brokat bevorzugt.

– M. We.

Michelle Werthner spricht über die barocke Illusionsfabrik.


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