Pleasure and Pastime: Freizeitgestaltung am Hof

Sport, Spaß, Sammlung – der königliche Alltag enthielt nicht nur Pflichten, sondern auch Zerstreuungen. Amüsements besaßen am Hof von Charles II einen hohen Stellenwert. Im 21. Jahrhundert zählen sowohl Tennis als auch das Spielen von Instrumenten zu beliebten Hobbys. Dabei ist die Popularität dieser Aktivitäten kein neuzeitliches Phänomen, denn auch im 17. Jahrhundert erfreute sich der Adel an ihnen. Wie gestaltete also ein König seine Freizeit? Und gibt es Unterschiede zu unseren heutigen Zeitvertreiben?

 

 

Aufs richtige Pferd setzen

Pferderennen mit dem König im Publikum
Francis Barlow, Das letzte Pferderennen vor Charles II in der Nähe von Windsor Castle, 1687 (Kat. Nr. 5.1)

Pferderennen spielen in England seit Jahrhunderten eine große Rolle. Sie waren als der „Sport of Kings“ bekannt, der dem Adel vorbehalten war. Bereits im 16. Jahrhundert erfreute sich dieser Sport großer Beliebtheit bei der Oberschicht. Durch Charles I konnte dann auch zum ersten Mal die Bevölkerung an den öffentlichen Rennen teilhaben, die der König in Yorkshire, Enfield, Chase und Croyden veranstaltete.

Nach der Enthauptung Charlesʼ I war der „königliche“ Sport verboten. Erst mit der Krönung Charlesʼ II, der sich als Patron des Reitsports einsetzte, kam es zu einem Revival. Der König war selbst ein begnadeter Reiter, nahm gerne an Rennen teil und verbrachte viel Zeit an der Rennstrecke.

Die Radierung von Francis Barlow zeigt das letzte Rennen, dem Charles II vor seinem Tod beiwohnte. Er befindet sich mit seiner Wache in der königlichen Loge, während das Rennen voll im Gange ist. Eine Kartusche, die von der königlichen Krone überfangen wird, trägt den Titel sowie das Veröffentlichungsdatum der Radierung. Am unteren Rand des Blattes befindet sich ein Gedicht, das sowohl den noblen Sport als auch den König lobt.

– N. Bo.

 

Waidmannsheil: Charles II auf der Jagd

Charles als Jäger im Wald. Seine Hunde greifen zwei Damen an.
Unbekannter Künstler (im Stil von Francis Barlow), Ein Jagdunfall, Datierung unbekannt (Kat. Nr. 5.2)

Während das Jagen einst dem Lebensunterhalt diente, entwickelte es sich im Laufe der Zeit zu einem Hobby, das hauptsächlich der Oberschicht vorbehalten war. Die Adeligen ließen sich Jagdschlösser bauen, um in den Wäldern das Wild zu erlegen und die Trophäen in ihren Schlössern auszustellen.

Aus vielen Tagebucheinträgen von Samuel Pepys lässt sich entnehmen, dass Charles II gerne jagen ging und das auch sehr erfolgreich tat. Graphiken geben ebenfalls Aufschluss über die Freizeitgestaltung des Königs. In dieser lavierten Zeichnung sehen wir Charles II, der in voller Jagdmontur mit seinem Jagdhund einem flüchtenden Hasen hinterherrennt. Zum Leidwesen zweier Damen rast der Hase direkt auf sie zu. Verängstigt ziehen sie ihre Kleider hoch, um schnell flüchten zu können. Da Damenbeine damals eigentlich nicht entblößt werden durften, erhält das Blatt dadurch eine komische und erotische Note – möglicherweise eine Anspielung auf die erotischen „Jagden“ des Königs auf die Damen des Hofes.

– N. Bo.

 

Wimbledon am Königshof

Prinz James im Kindesalter beim Tennisspielen
Matthäus Merian d. J (zugeschrieben), Der Hochgeborene Prinz James, Herzog von York, ca. 1640–1650 (Kat. Nr. 5.3)

“The King beat three, and lost two sets, they all, and he particularly playing well, I thought.”
(Samuel Pepys, Tagebuch, 28. Dezember 1663)

Tennis stammt vom „Jeu de Paume“ ab, bei dem ein Ball mit der Handinnenfläche (frz. „paume“) gegen Wände gespielt wurde. Mit der Erfindung des Schlägers im 16. Jahrhundert gewann das Spiel immer mehr an Beliebtheit. Ursprünglich war es der Sport der Kleriker, doch mit zunehmendem Interesse des Adels wurde es zum Sport der Monarchen.

Tennis war zur Zeit von Charles II eine der beliebtesten Sportarten in England. In Whitehall Palace, der Londoner Königsresidenz, besaß man 1634 insgesamt vier Tennisplätze. Charles I und sein Sohn Charles II zählten zu den Fans des Sports. Es heißt, dass die beiden um fünf oder sechs Uhr morgens aufgestanden sind, um eine Partie Tennis spielen zu können.

Auch James, der jüngere Bruder Charlesʼ II, spielte gern Tennis. In der Radierung sieht man den Siebenjährigen in Tennismontur mit einem Schläger in der Hand auf dem Platz. Rechts und links von ihm liegen Tennisbälle. Etliche Zuschauer haben sich zu diesem Sportereignis auf den Rängen hinter dem jungen Adeligen versammelt, um ihm zuzusehen. Das Interesse dürfte dabei weniger seinen sportlichen Fähigkeiten als seiner Position am Hof gegolten haben. Entsprechend wird in dem Buch, aus dem die Graphik stammt, der junge Prinz James in den höchsten Tönen gepriesen und seine königliche Herkunft anhand seines Stammbaums erläutert.

– N. Bo.

 

Nach dem Schweißvergießen bei sportlichen Aktivitäten tat es auch mal gut, eine Auszeit an der frischen Luft zu nehmen.

Ab ins Grüne

Eine Ansicht auf das Schloss und ein Teil des Schlossgartens
Hendrick Danckerts, Hampton Court Palace, ca. 1670 (Kat. Nr. 5.4)

“[I saw] The park, formerly a flat and naked piece of ground, now planted with sweet rows of lime trees; and the canal for water now near perfected”
(John Evelyn, Tagebuch, 9. Juni 1662)

Gärten hatten im England des 17. Jahrhunderts mehrere Zwecke. Sie konnten Nutzgärten, aber auch Orte des Rückzugs und des Zeitvertreibs sein. Die sogenannten „Privy Gardens“ erlaubten es Adeligen, gemeinsame private Stunden mit ihren Familien und Freunden zu genießen. Hier abgebildet ist der Garten bei Hampton Court Palace, wo Charles II und Catherine of Braganza 1662 ihre Flitterwochen verbrachten.

Charles II hatte Interesse daran, sowohl das Schloss als auch den Garten herzurichten. Das Gemälde zeigt die Gartenanlage mit Blick auf die östliche Seite von Hampton Court Palace. Eine lange schmale Wasserfläche wird beiderseits von mehreren Baumreihen (Linden) flankiert. Der als ‚Long Water‘ bezeichnete Kanal war im Auftrag Charlesʼ II zwischen 1661 und 1662 ausgehoben worden. Die Linden für die Alleen wurden aus den Niederlanden importiert. Diese Anlage unterschied sich von dem, was man bisher vom englischen Gartenbau kannte. Vorbild waren möglicherweise die Gärten der Schlösser Fontainebleau in Frankreich und Honselaarsdijk in Holland

– S. Me.

 

Beauty-Routine des Adels

Flugblatt eines Kosmetikers
Unbekannter Künstler, The Famous Water of Talc and Pearl, 1670 (Kat. Nr. 5.5)

Schon im 17. Jahrhundert griff man auf Make-Up und andere Schönheitsmittel zurück, um sich darauf vorzubereiten, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Das Zurechtmachen fiel demnach in die freie Zeit zwischen all den anderen Terminen eines Adeligen. Gutes Aussehen war regelrecht ein Muss für alle Mitglieder des Hofes.

Charles II brachte aus dem Exil in Frankreich neben einer neuen Kleidermode auch Parfüms und Kosmetikprodukte mit. Die Nachfrage stieg, denn es bestand eine höhere Bereitwilligkeit, in die eigene Pflege und Schönheit zu investieren. Vermeintliche Experten boten Lösungen zur Beseitigung von Schönheitsfehlern. Verbreitet wurden solche Reklamen in Form von Flugblättern oder Broschüren.

Beispiel für solche Werbungen ist das vorliegende Blatt, das ein Schönheitswasser bewirbt. Dieses soll die Haut aufhellen, geschmeidig machen und von Makeln wie etwa Sommersprossen befreien. Abbildungen von Gerätschaften, die bei der Herstellung der Kosmetik zum Einsatz kamen, umrahmen den Text und verleihen ihm einen pseudo-wissenschaftlichen Anstrich.

Obwohl die Werbung die positiven Effekte solcher ‚Wundermittel‘ herausstrich, konnten diese sogar toxisch sein. Mangels besserer Kenntnisse wurden oftmals schädliche Zutaten wie Belladonna oder Quecksilber verwendet.

– S. Me.

 

Man lernt nie aus: Weiterbildung am Hof von Charles II

Mikroskopische Ansicht eines Flohs
Robert Hooke, Mikroskopische Ansicht eines Flohs, 1665 (Kat. Nr. 5.6)

Der vielschichtige König Charles II war nicht nur an Parties und Pferderennen interessiert, sondern auch der Wissenschaft zugeneigt. Er ließ seine Bibliothek beständig erweitern und förderte die 1660 gegründete „Royal Society of London for Promoting Natural Knowledge“. Diese Gesellschaft, deren zwölf Gründungsmitglieder die Naturforschung vorantreiben wollten, besteht bis heute.

Die mikroskopische Ansicht eines Flohs stammt aus Micrographia, dem wissenschaftlichen Hauptwerk von Robert Hooke (1635–1703). Hooke war Mitglied der Royal Society und deren Kurator für Experimente. In seinem Buch zeigt er Mikroorganismen, die er mit dem Mikroskop beobachtet hat, und macht sie durch die Vergrößerungen auch für das bloße Auge sichtbar.

Hookes Micrographia erfreute sich großer Beliebtheit, da die Abbildungen einen faszinierenden Einblick in eine zuvor verborgene Welt gewährten. Der im kleinsten Detail wiedergegebene Floh muss auf Hookes Zeitgenossen hyperrealistisch und fast schon lebendig gewirkt haben. Doch nicht jeder war von dem Floh begeistert. Margaret Cavendish, Duchess of Newcastle, beschrieb das Insekt beispielsweise als ein „monster of art, [rather] than a picture of nature”. Nichtsdestotrotz bleibt Micrographia ein Werk von großer wissenschaftlicher und künstlerischer Relevanz.

– N. Bo.

 

Die Interessen des Königs waren vielseitig. Nicht nur Bücher hatten es ihm angetan, auch die Musik faszinierte ihn.

“There was at Court a certain Italian, famous for the Guitar; he had a Genius for Musick […] the King’s relish for his Compositions had given that Instrument such a Vogue, that every Body play’d on it, well or ill; and one was as sure to see a Guitar on the Toilets of the Fair, as either Red or Patches.”
(Abel Boyer, Memoirs of the life of Count de Grammont, London 1714, S. 177)

Mary Davis mit einer Gitarre in der Hand
Richard Tompson nach Sir Peter Lely, Mary Davis, ca. 1678–1679 (Kat. Nr. 5.7)

Verführerisch schaut uns Mary (auch ‚Moll‘) Davis entgegen, eine damals viel beachtete Schauspielerin und Mätresse des Königs. Vorlage für diese Graphik war ein Porträt des königlichen Hofmalers Sir Peter Lely. Davis ist sitzend, dem Betrachter zugewandt dargestellt. Sie trägt ein weites, lockeres Gewand mit tiefem Ausschnitt, ihr Haar ist kurz und gelockt. Da sie für ihr musikalisches Talent bekannt war, zeigt Lely die Schauspielerin mit einer Gitarre, die sie geübt in Händen hält.

Charles II widmete sich in seiner Freizeit gerne verschiedenen Künsten, nicht zuletzt der Musik. Dabei zeigte er sich nicht nur als reiner Genießer und Zuhörer, sondern versuchte sich auch selbst aktiv als Musiker. So wusste er die Gitarre zu spielen und stellte aufgrund seiner Vorliebe für dieses Instrument den renommierten Gitarristen Francesco Corbetta an. Durch diesen war der englische Hof für seine hervorragende Gitarrenmusik bekannt. Das Gitarrenspiel besaß zur Regierungszeit von Charles II große Beliebtheit, zumal es sich für einen spielerischen, höfischen Konkurrenzkampf eignete. So gehörte der Gitarrenunterricht zur noblen Erziehung dazu.

– S. Me.

 

Keen Collector: Charles II als Kunstsammler

Heilige Anna mit ihrer Tochter Maria, dem Jesuskind und Johannes dem Täufer, ebenso als Kind.
Raffael, Die Heilige Familie (La Perla), ca. 1518 (Kat. Nr. 5.8)

Die Bildende Kunst hatte einen großen Stellenwert für Charles II. Bereits als Kind war er von der beachtlichen Kunstsammlung seines königlichen Vaters umgeben. Zu dieser Sammlung Charlesʼ I gehörte unter anderem das hier gezeigte Gemälde Raffaels. Dargestellt ist die Heilige Familie, bestehend aus Maria, ihrer Mutter Anna, dem Jesuskind, Johannes dem Täufer und Joseph. Bekannt ist das Werk auch unter dem Titel „La Perla“ (dt. „die Perle“), denn Philipp IV. von Spanien soll bei der Ankunft des Gemäldes ausgerufen haben: „Hier ist die Perle meiner Sammlung!“

Der spanische König gelangte durch den sogenannten ‚Commonwealth Sale‘ in den Besitz des Werks. Dabei handelte es sich um den Verkauf der Sammlung von Charles I nach dessen Hinrichtung im Jahr 1649. Nachdem Charles II 1660 nach England zurückgekehrt war, bemühte er sich um die Wiederbeschaffung der königlichen Sammlung. Trotz mehrerer Erlasse, die die Rückgabe der Kunstwerke forderten, konnte er jedoch einige Gegenstände nicht mehr zurückerlangen. Dazu gehörte Raffaels „La Perla“.

Charles II glich die Verluste aus, indem er neue Kunstwerke ankaufte bzw. in Auftrag gab. So wuchs die königliche Sammlung immer weiter.

– S. Me.

Weiter zu Abendveranstaltungen